Innere Anteile
Wie in jeder Wissenschaft, arbeitet man auch in der Psychologie und Psychotherapie mit Modellen. Das heißt, man überlegt sich Namen für Phänomene, die man beobachten kann und überlegt sich für diese Dinge Regeln, Beziehungen, Zusammenhänge. All das dient dazu, sich das, was man beobachten kann, erklären zu können und daraus Handlungsmöglichkeiten abzuleiten.
In nahezu allen psychologischen und psychotherapeutischen Ansätzen wird in den entsprechenden Modellen die menschliche Psyche nicht als eine Einheit betrachtet, sondern in relativ unabhängige Instanzen untergliedert. Schon Sigmund Freud unterschied „Es”, „Ich” und „Über-ich”. Diese Instanzen werden häufig so beschrieben, als wären sie eigenständige Persönlichkeiten. Sehr deutlich findet man das z. B. in der Ego-State-Therapie nach Watkins und Watkins, im Internal Family System nach Schwarz oder im Inneren Team nach Schulz von Thun (etwas weniger deutlich für mein Empfinden in der Transaktionsanalyse, obwohl gerade Eric Berne mit seiner Transaktionsanalyse hier wesentliche Schritte geleistet hat).
Die Bezeichnungen und wofür sie stehen sind in diesen verschiedenen Modellen zwar ähnlich, aber leider in den Details unterschiedlich. Das macht es schwierig und unübersichtlich. Den Grund dafür sehe ich darin, dass die menschliche Psyche bei weitem nicht so leicht beobachtbar ist wie z. B. die physikalische Welt. Deshalb gibt es in der Physik sehr viel mehr Konsens unter den Wissenschaftlern. (Und ich denke, dass manche Physiker nur deshalb etwas verächtlich auf manch andere Wissenschaft herabblicken, weil sie nicht merken, dass sie es sehr viel leichter haben mit ihren Modellbildungen.)
Für mich ist die Bezeichnung „Innere Anteile” für diese unabhängigen Instanzen am vertrautesten. Und für mich ist eine Zweiteilung der verschiedenen inneren Anteile in „Innere Kindanteile” oder „Verletzte Kinder” oder einfach nur „Inneres Kind” auf der einen Seite und „Wächter” oder „Beschützer” auf der anderen Seite plausibel und hilfreich. Die inneren Kindanteile sind die Teile von uns, die uns unsere wahren Bedürfnisse, Wünsche und Gefühle mitteilen und die uns auch über Erlebnisse aus der Vergangenheit berichten können. Die Wächter sind die Anteile in uns, die Verhaltensmuster als Reaktion auf frühere Erlebnisse entwickelt haben, damit wir uns in schwierigen Situationen behaupten konnten.
Die Beschäftigung mit den inneren Anteilen, mit dem Unbewussten, ist absolut lohnenswert, weil sich hier soviel Weisheit verbirgt. Den größten Teil meines Lebens habe ich von dieser Seite meiner Existenz nichts gewusst. Es ist ein großes Glück, dass ich vor Jahren an einen therapeutisch tätigen Arzt, also einen Schulmediziner geraten war, der mir in professioneller Unterstützung geholfen hat, hier einen Zugang zu finden. Ich weiß jetzt, wie es sich anfühlt, eine Antwort vom Unbewussten zu bekommen. Ich weiß, wie es ist, wenn sich mein inneres Kind bemerkbar macht. Und ich habe in vielen Träumen Botschaften meiner inneren Anteile erhalten. All das hat meinen Weg ganz entscheidend beeinflusst.
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